Emsland, Haren, Veenvart

Emsland, betreutes Tuckern

Lingen – Haren, 36 km, 3 Schleusen, 6,5 Stunden, morgens 14 Grad, später 21 Grad, sonnig und zunehmende Brise aus Nordost

Wir sammeln Berufsschiffe. Nicht irgendwelche, sondern solche, die langsam vor uns herfahren. Wir nennen das betreutes Tuckern.

Nach unserem Besuch in Lingen und dem ersten Kaffee in strahlendenr Sonne (Jacke aus!) im Café am Markt, starten wir sonntäglich gemütlich. Nachdem ein gemietetes Hausboot wütendes Getröte eines Berufsschiffs erntete, sind wir besonders umsichtig und aufmerksam aus dem Hafen geschlichen. Die Strecke bis Lingen-City kannten wir ja schon per Fahrrad. Merker am Rande: Der „Alte Hafen Lingen“ ist nicht nur alt, sondern oll. Kann mal was werden, wenn sich Investoren finden, aber aktuell nur eine Spundwand und Schluss.

Je mehr es hier die Ems ist und nicht der Kanal, umso schöner wird und ist es.

Gegen halb sechs haben wir plötzlich linker Hand die Einfahrt zum Hafen des Städtchens Haren. Beinahe wären wir vorbei gefahren. Entsprechend wenig überlegt gerät das Manöver der Hafeneinfahrt. Und wenn man schon mal schlecht koordiniert ist, ist der erste Versuch, an einem freien Platz anzulegen, zum scheitern verurteilt.

Die netten Männer, die bereit stehen, um uns in Empfang zu nehmen, bleiben auch dort und geben uns eine zweite Chance. Die gelingt leidlich besser, denn es steht voll der Wind auf der Steuerbordseite und drückt das Heck weg, das noch nicht am Steg liegt. Puh, geschafft, aber es war keine Glanzleistung.

Der Hafen von Haren – reichlich Platz, auch für Gäste.

Abends drehen wir eine Runde durch das kleine Städtchen. Die Nähe zu den Niederlanden kann man schon an den Gebäuden erkennen. Dann werfen wir einen ersten Blick auf den Haren-Ruitenbrock-Kanal, den wir Dienstag am Vormittag befahren werden. Er ist klein und lauschig. Das wird bestimmt nett!

Die Schleuse Nr. 1 des Haren-Rütenbrock-Kanals.
Gleich hinter der Schleuse gibt es einen kleinen Museums-Hafen.

Von Haren in die Niederlande

Haren – Emmer Comparscuum, 18 km, 5 Schleusen, 5,5 Stunden, morgens 12 Grad, später 14 Grad, bedeckt

Früh sind wir auf, denn nach unseren Informationen öffnet die Einfahrt in den Haren-Ruitenbrock-Kanal in Richtung der Niederlande um 9:00 Uhr. Wir sind sicher, dass viele Boote die Feiertage voller Ungeduld abgewartet haben und es nun einen Run auf die Schleuse gibt. Ungewöhnlich viele Frühstarter im Hafen bestärken uns in der Annahme, dass die Warteschlange bereits wächst. Also rufen wir den Schleusenwärter an, wann es denn genehm wäre, dass wir kämen. „Jo, kommt einfach!“ sagt er. Also starten wir um viertel vor neun und – sind die Einzigen vor der Schleuse! Kommen dann auch sofort dran und dürfen das erste Mal erleben, wie es in so einem kleinen Schleuschen mit unserem Schiff ist. Es geht gut!

Anschließend tuckern wir durch den kleinen Museumshafen und stehen vor der ersten Hubbrücke an. Und tatsächlich wartet dort noch ein weiteres Schiff. Es wird uns durch den Kanal begleiten bzw. werden wir hinterher fahren.

Die Höchstgeschwindigkeit ist 6 km/h. Unser Vorfahrer ist da streng gläubig und fährt sicherheitshalber 5,3 km/h. Das ist Standgas mit 600 Umdrehungen, wissen wir jetzt.

Die Brücken öffnen sich recht zügig, wenn wir uns nähern. Die Zentrale hat ihre Convois durch den Kanal auf dem Schirm und öffnet passend. In der ersten Schleuse, die so um die 30 Meter Länge hat, müssen wir unsere Vorfahrer bitten, noch etwas weiter reinzufahren, damit unser Heck mitkommen kann. In dem anschließenden Strudelwasser verlieren sie offenbar kurz die Kontrolle und sitzen uns mit ihrem Schlauchboot an den Davits auf dem Bug. Ist nichts passiert, es war ihnen aber wohl ein bisschen peinlich.

Und dann kommt er, der Geisterfahrer, von dem wir dachten, es gäbe ihn hier nicht. Vormittags wird Richtung Niederlande gefahren, nachmittags Richtung Deutschland. Was kann man daran nicht verstehen? Er steht in Gegenrichtung vor der sich öffnenden Brücke und lässt damit keine Zweifel, wer als erstes durchfahren sollte. Er kommt aus Bielefeld, ist das relevant? Der erste Geisterfahrer hat uns noch schockiert. Es werden noch zwei, drei weitere folgen, die uns nicht mehr erschüttern. Und wir kehren zurück zu „keine Regel ohne Ausnahme“. Was wissen wir schon über die Gründe.

Das Ende der 13 km Kanalfahrt nähert sich und vor uns ist eine Schlange. Die steht aber nicht vor der letzten Schleuse und Brücke, sondern vor der Tankstelle unmittelbar hinter der Grenze. Diesel kostet hier 1,43 €, was den Andrang erklärt. Wir fahren vorsichtig drum herum und landen in der inzwischen immer offenen Schleuse am Ende des Kanals, aber eine Hubbrücke hindert uns noch an der Weiterfahrt. Und hier endet offensichtlich die Zuständigkeit der Zentrale des Kanals, denn es passiert erstmal nichts. Eine Telefonnummer an der Brücke landet auf einer Mailbox, und wie wir kurze Zeit später erfahren: Zu recht, denn es ist Mittagspause bis um 13 Uhr!

Liegeplatz ohne irgendeine Infrastruktur…
…aber immerhin mit eigener Windmühle!

Wir sind auf der Veenvaart. Eine neue Kanalverbindung Richtung Ijsselmeer, die durch Niemandsland geht. Also waren unsere Erwartungen niedrig. In Fachkreisen wird sogar geraten, sich für 3 Tage Vollverpflegung zuzulegen. An unserer ersten Liegestelle, rund einen Kilometer vor dem Zentrum des Örtchens, freuen wir uns deshalb, dass es nicht nur einen Stromanschluss, sondern auch Supermärkte in Reichweite gibt, sogar ein italienisches Restaurant. Es hat sich offensichtlich viel getan.

Morgen wollen wir bis Coevoerden fahren. Das ist nach ersten Recherchen der Teil, wo wir die niedrigsten Brücken erwarten. Also wird zum Start mal alles weitgehend flach gelegt. Und morgen sind wir eine Woche unterwegs und noch ganz im ursprünglichen Plan, whow 😉

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