Rethel – Berry-au-Bac
47 km, 7 Schleusen, 7:30 Stunden, 25 Grad und sonnig bis bewölkt.
Bei ausgesprochen angenehmen Temperaturen starten wir auf unsere letzte Etappe des Canal des Ardennes. Der Amazonas hat uns wieder. Drei Sportbooten begegnen wir – die Entgegenkommen an der gepflegten Uferkante und wir im Unterholz des Urwalds. Die Schiffe trennen gefühlt nur ein paar Zentimeter und es kommt kein freundlicher Gruß vom anderen Schiff. Blödmänner. Wir können uns ja nicht mal kurz in Luft auflösen!
Auf dem letzten Rest dieses Abschnitts, den wir um 14:30 Uhr beenden, denke ich mir: „Guck mal, da liegt ein Berufsschiff“. Das hatten wir die Tage schon ein, zwei Mal – Frachtschiffe im Penichen-Format, die eben auch gerade in diese kleinen Schleusen passen. Nur komischerweise hatte dieses Berufsschiff so eine ganz kleine Bugwelle.
Was wir für die Sportboote nicht nötig fanden, wurde jetzt flugs in die Tat umgesetzt: Rein ins Unterholz des Urwalds, und zwar so weit, wie die Uferkante es erlaubt. Der freundliche Berufsschiffer drängte sich ebenso im Zentimeterabstand an sein Ufer. Und dann passierten wir im geringstmöglichen Abstand. Natürlich war ein Handy bereit um eiskalt mal eben ein Video aus dem Steuerstand von dieser etwas bedrückenden Situation zu filmen. Es war beeindruckend, viel Aufregung, und schließlich einfach nur die Dankbarkeit, dass sich da ein ganz Großer so klein gemacht hat, wie er nur konnte. Und das gefangen genommene Grünzeug haben wir später eingesammelt und entsorgt.
Es geht weiter auf dem Canal latéral à l’Aisne, der sich nicht wesentlich vom Canal des Ardennes unterscheidet. Uns erwartet die dritte Nacht ohne Landstrom, aber ist dann mal so. Hier hat man sich im Gegensatz zu Rethel (annonciert mit Duschen, Toiletten, Strom- und Wasseranschluss – alles nicht vorhanden) entschieden, gar nichts zu versprechen. Und so liegen wir an einer Liegestelle vor der Schleuse, wo wir das erste Mal unsere Erdnägel zum Einsatz bringen. Es ist ein Naturufer, dominiert von Brennnesseln, bravo! Unser Solarpanel liefert ungefähr die halbe Energie, die Elodie braucht – bis die Sonne hinter den Bäumen verschwindet. Morgen früh werden wir weiter ernten.
Für die Insider: Ja, wir haben einen Stromgenerator, aber der hat offensichtlich gerade ebenso unter Grünzeug in der Kühlung zu leiden wie die Hauptmaschine. Das werden wir morgen früh angehen und ihm einige Streicheleinheiten verpassen.
Flache Gewässer gilt es zu meiden…
Berry-au-Bac,
ca. 270 Meter, 30 Minuten, 25 Grad, sonnig und lebhafter Wind
Wir starten nach den üblichen Formalitäten Richtung Schleuse, in deren Oberwasser wir die Nacht verbracht hatten. Genauer gesagt sind es zwei Schleusen: Die eine geht geradeaus in die Richtung, in die wir wollen, und die andere zweigt kurz davor auf der Backbordseite ab.
Wir fahren auf die Schleuse zu, die ein rotes Licht zeigt, und melden uns per Funk ordnungsgemäß an. Guter Dinge nähern wir uns so, wie wir das bisher auch gemacht haben. Vor der Schleuse schalten wir in den Dümpelgang und siehe da, es wird gerade etwas hochgeschleust. Langsam taucht der Kandidat in der Schleuse auf und entpuppt sich als veritables Berufsschiff. Da wollen wir natürlich nicht im Weg stehen und suchen uns ein Eckchen zum Abwarten. Nach kurzer Zeit streift uns der Gedanke, was denn ist, wenn er in die andere Schleuse will? Für diesen Zugang lägen wir gerade mächtig im Weg, also flugs auf die andere Kanalseite.
Die andere Kanalseite, die wir bereits gestern im Auge hatten, weil da so nette Poller am Ufer sind. Und uns dann wegen der flachen Gewässer entschieden hatten, doch lieber zu der anderen Uferseite zu wechseln. Aber nun nochmal nur kurz hier, um vor der Schleuse zu dümpeln? Ohne, dass wir das speziell bemerkt hätten, saugt sich Elodie statt Kühlwasser einen herzhaften Schluck Schlick vom Boden des Gewässers und sagt anschließend ordnungsgemäß, das mit der Kühlung würde jetzt nicht mehr so wie vorgesehen funktionieren. Es geht der Alarm an und wir wissen nur: Da, wo wir waren, wollen wir nicht bleiben, aber wohin?
Es bleiben das andere Ufer und die Poller (vermeintlich) am Wartesteg vor der dortigen Schleuse. Der nächste Berufsschiffer, der versucht, durch den von uns verursachten Flaschenhals zu kommen, ist mächtig am Fluchen. Wir können ihm nicht verständlich machen, dass wir hier nicht freiwillig liegen. Später können wir einen Vater und seinen Sohn mobilisieren, die uns helfen, uns aus der Einfahrt zur Schleuse am Ufer um die Ecke zu ziehen. Das klappt und wir sind erstmal gut aufgehoben.
Erste Diagnose: Der Schlick verstopft den Seewasserfilter und hat sich scheinbar bis weit in den Kühlkreislauf ausgebreitet. Elodie spuckt noch ein paar Wolken grauen Schlamm, dann kommt kein Wasser mehr aus dem Kreislauf. Wir füllen mit Hand auf, um zu spülen, aber Fehlanzeige. Der Impeller saugt, was das Zeug hergibt (der Deckel auf dem Seewasserfilter lässt sich nur noch mit Mühe lösen), aber sie bekommt kein Wasser mehr. Unsere Versuche, den Zulauf mit Draht oder Luft freizubekommen, sind nicht von Erfolg gekrönt. Und das Wasser ist absolut nicht einladend, um mit gesundem Menschenverstand mal unter dem Schiff zu gucken.
Heute ist Donnerstag, morgen ist Nationalfeiertag, dann kommt das Wochenende. Heißt wohl, dass wir hier bis Montag auf Hilfe warten müssen. Immerhin spricht der Generator wieder mit uns, das ist eine große Erleichterung in dieser Situation ohne externe Stromversorgung. Beim örtlichen Bootstechnikbetrieb haben wir vorsorglich mal auf Band gesprochemn…